Museum im Museum
Der Begriff „Ortsmuseum“ ist zweideutig: Er bezeichnet sowohl das Gebäude der Stiftung, wie auch die Sammlungen des Dorfmuseums im Ortsmuseum, die in den ehemaligen Wohnräumen des Bauernhauses untergebracht sind.
Das Gebäude ist im Besitz der Gemeinnützigen Stiftung Ortsmuseum Urdorf, die für Unterhalt und Vermietung zuständig ist und als Stiftung strengen Richtlinien unterstellt ist. Sie stellt der HVU die Räumlichkeiten für Ausstellungen und Dokumentationsstelle zur Verfügung.
Verantwortlich für den musealen Teil der Ausstellung ist die Heimatkundliche Vereinigung Urdorf. Die HVU ist ein Verein, der am 8. Sept. 1982 durch die Gemeinde Urdorf als Trägerverein für die Museumsführung gegründet wurde. Für die Fortschreibung der Chronik und als geschichtliche Auskunftsstelle ist die Chronikstube eingerichtet.
Öffnungszeiten „Offenes Museum“:
Jeden 2. Sonntag im Monat ist das Museum geöffnet (ohne Sommerferien).
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Ein Rundgang im Museum
Das Ackerbauernhaus aus dem frühen 17. Jh. (ca. 1630-35) war bis 1991 bewohnt. Um 1950 lebten zwei Familien im Haus – sie teilten die Räume im Erdgeschoss und im 1. Stockwerk unter sich auf. Ganz streng war diese Abgrenzung aber nicht, so besteht zum Beispiel nur ein Zugang von der Küche zum Obergeschoss. Jede Familie hatte aber einen Herd und einen von der Küche aus beheizbaren Kachelofen in der Stube.
Küche
Die Küche war der zentrale Ort im Haus. Der Herd (ursprünglich aus Ton, also Erde) hatte keinen Rauchabzug oder Kamin, der Rauch zirkulierte frei durch die Räume nach oben und aus dem Haus. Davon zeugen die mit Russ geschwärzten Balken in der Küche und in den Obergeschossen. Erst später wurden Eisenherde und Kachelöfen eingebaut. Der Rauch gelangte dann durch die Kamine ins Freie. Gekocht wurde auf dem Holzherd, geheizt und Brot gebacken in den grossen Feuerräumen der Kachelöfen.
Fliessendes, kaltes Wasser gab es nur in der Küche – und das erst viele Jahre später – nach dem Bau der 1. Wasserversorgung mit den Dorfbrunnen um 1870. Warmes Wasser musste im „Wasserschiff“ des Kochherdes erzeugt werden. Die Küche und das Obergeschoss waren vor der Einrichtung des Museums mit einer dünnen, mit Fenster und Tür versehenen Holzwand quer geteilt. Der Schüttstein verdient seinen Namen zu recht – von Chromstahltrögen war man weit entfernt.
Die Einrichtung entspricht etwa dem „Standard“ in der ersten Hälfte des 20. Jh.
Keller
Das Haus besitzt keinen eigentlichen Keller, zumindest aber einen halbgeschossig tiefergelegten Raum mit Naturboden. Nahrungsmittel wurden – vor Mäusefrass gesichert – in Körben, Leinenbeuteln, Netzen oder auf an Drähten aufgehängten Brettern gelagert.
Als Konservierungsmethoden für Früchte standen Dörren und Sterilisieren in Einmachgläsern zur Verfügung – die Milchsäuregärung verhinderte den Verderb des im Fass gelagerten Sauerkrauts und Speck und Würste erhielten ihre Haltbarkeit durch Räuchern im Kamin. Apfel- und Birnensaft wurde im Fass als saurer Most gelagert.
Chronik-Chammer
Ursprünglich wurde das Haus als Bohlenständerbau errichtet, die Wände bestanden aus 8–10 cm dicken Bohlen, die in die Nuten der Ständerbalken eingelegt waren. In der Chronik-Chammer ist diese Bauweise zum grossen Teil noch sichtbar. Erst später wurden die Wände verputzt, mit Holz getäfert oder teilweise durch Fachwerkbau ersetzt. Auf der Südost-Fassade wird ein „Riegelbau“ nur vorgetäuscht: Die Balken sind mit Brettern überdeckt, die keine tragende Funktion besitzen.
Die Chronik-Chammer war früher Vorratsraum zur Selbstversorgung der beiden Haushalte und Réduit für Geräte — heute dient sie der Lagerung von Dokumenten und zur Präsentation von Neueingängen des Museums.
Marti und Köbi Grob-Stube (dem Stifterehepaar gewidmet)
Die einstige Stube dient auf speziellen Wunsch von Brautleuten als Lokal für Ziviltrauungen. Ursprünglich war ein auf Kanthölzern verlegter Holzriemenboden eingebaut. Frühere Überschwemmungen des Schäflibachs (1948) setzten dem Holz durch Schlammablagerung aber stark zu. Wegen trockener Lagerung von Dokumenten im Museum entschied man sich bei der Sanierung für eine Niedertemperatur-Bodenheizung. Ein Holzriemenboden war nicht passend, so dass 1996 ein keramischer Belag mit alten, handgemachten Tonplatten verlegt wurde. Das war teuer und nicht originalgetreu, aber wärmetechnisch und ästhetisch eine befriedigende Lösung. Der Kachelofen wurde 1948 erstellt. Er besteht aus industriell hergestellten Maschinenkacheln mit honiggelber Glasur.
Chronikstube
Die zweite Stube dient heute als Chronikstube. Der 1834 erbaute, defekte Kachelofen konnte 1996 vom Erlös des Basars des Frauenvereins neu aufgesetzt werden. Der Ofen besteht aus „Nelkenkacheln“, so benannt nach dem feinen floralen Muster. Sie zeugen von der Entwicklung des rein handwerklichen Hafnergewerbes zur industriell hergestellten Flachkachel. Mit aufgelegten Schablonen wurden die Kacheln weiss engobiert. Nach dem Glasurbrand scheint dieses helle Muster durch die grüne Transparentglasur. Beide Kachelöfen sind betriebsfähig und werden im Winter periodisch zur Unterstützung der Erdgas-Heizung und zum Wohlfühlen der Museumsbesucher beheizt. Hier ein kurzer Podcast zum Ofen (2:30 min).
Durchgang 1. OG
Die einzige Treppe ins Obergeschoss führt von der Küche in diesen Durchgang. Von hier aus bestand der Zugang zu den 4 Schlafkammern der Eltern und Kinder und eine Windentreppe zum Aufhängen der Wäsche auf dem Dachboden. Beeindruckend sind die beiden mächtigen Kamine, die nachträglich eingebaut wurden – die mit Russ geschwärzten Balken und Decke zeugen vom ursprünglichen Zustand der Rauchführung. Erwähnenswert ist der Sekretär des Milchmannes Schoch und die Nähmaschinen zum selber Schneidern und Flicken. Im Durchgang steht ein Modell des Bahnhofs Urdorf, der von 1882 bis zur Eröffnung des Zimmerbergtunnels 1897 an der ehemaligen Gotthardlinie lag.
Schlafzimmer
Die Räume im Obergeschoss waren ohne Heizung. Das Elternschlafzimmer liegt aber direkt über der geheizten Stube; so konnte eine Bodenluke geöffnet werden, um etwas warme Luft ins Zimmer strömen zu lassen. Ohne fliessendes Wasser musste eine Waschschüssel genügen. Die Toilette war im Schopf, der Nachttopf im Nachttischchen deshalb obligatorisch. Die Ausstellung zeigt die Einrichtung, wie sie bis Mitte des letzten Jahrhunderts in Bauernhäusern üblich war.
Schulstube
Der heute als Schulzimmer eingerichtete Raum war ebenfalls eine Chammer. Gezeigt werden Schulutensilien aus dem letzten Jahrhundert, eine Schulbank wie sie bis 1950 im Schulhaus Bachstrasse benützt wurde – ohne jede Verstellmöglichkeit für die Grösse der Schüler! In der Schulfotosammlung lassen sich Erinnerungen aus der eigenen Schulzeit auffrischen.
Sammelsurium
Im „Sammelsurium“, ebenfalls eine ehemalige Chammer, zeigt die Heimatkundliche Vereinigung in wechselnden Ausstellungen Themen bezogenes, vorhandenes Sammelgut aus ihren externen Lagern. Wenn es der Schutz der Objekte nicht erfordert, können diese betastet, in die Hand genommen oder ausprobiert werden.
Hier eine Zusammenstellung dieser Wechselausstellungen:
Milchkafi und Zucker (2020, aktuell) — Rares und Kurioses aus unserem Fundus (2018 aktuell) — Schlüssel und Schlösser (2017) — Puppen (2016) — Kunst zwischen Stuhl und Bank (Schulwandbilder 2016) — Urdorf im Spiegel der Philatelie (2015) — Spiele und Spielsachen (2014) — Chügelibahnen (2014) — Steine, Gesteine, Mineralien und Kristalle (2011) — Bäuerlicher Alltag und Handwerk (2010) — Haushalt und Handwerk anno dazumal (2008)
Chammer
Wie das Sammelsurium dient diese ehemalige Schlafkammer heute als Raum für Wechselausstellungen. Die bemalte Holztäferung an den Wänden wurde wohl in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts eingebracht. Zurzeit ist die Wechselausstellung „Milchkafi & Zucker“ eingerichtet.
Schöpflibode
Im Schöpflibode befindet sich die Dauerausstellung zur Urdorfer Volkskultur. Urdorf war bis Mitte des letzten Jahrhunderts von der Landwirtschaft geprägt. Bäuerliche und handwerkliche Gerätschaften finden neben der Präsentation von Urdorfer Ofenkacheln ihren Platz. Zum Heizen kann der alte Ofen des ehemaligen Restaurants Frohsinn eingefeuert werden.
Möchten Sie Näheres erfahren? Besuchen sie unsere Ausstellungen,
jeweils am 2. Sonntag des Monats.
Oder möchten Sie gleich zu Hause aktiv werden?
Hier können Sie einen Modellbogen des Ortsmuseums herunterladen. Für den Ausdruck muss dickes Papier verwendet werden (200 g/m²). Die Reihenfolge des Zusammenbaus ist auf den einzelnen Blättern beschrieben.
Letztes Update dieser Seite am 6.9..2022